Erfolgreich Auswendiglernen
Nur die Wiederholung regt das Gehirn an
Das Gehirn des Menschen ist kein Zahlen- und Datenfresser. Aufgrund seiner Evolution ist es dafür gemacht, darüber nachzudenken, wie der Mensch überleben und sich Nahrung beschaffen kann - aber nicht dafür, sich endlose Textzeilen und Zahlenkolonnen zu merken. Gerade weil das Gehirn eigentlich gar kein Freund des Auswendiglernens ist, sollte diese Fähigkeit immer wieder geschult werden. Dabei reicht es aber nicht, sich eine Textzeile einmal kurz ansehen. Die Kunst liegt in der richtigen Wiederholung, im Training des Gehirns.
Das Gehirn hat eine ganz besondere Art, zu arbeiten. Wenn man sich etwas merken will, versuchen die entsprechenden Nervenzellen, sich miteinander zu verbinden. Sie strecken und dehnen sich aus, um gegenseitig in Kontakt zu treten. Dieser Effekt hält aber nur einige Minuten lang an. Danach ziehen sich die Nervenzellen wieder zusammen. Will man etwas dauerhaft im Gedächtnis behalten, muss man die Nerven auch ständig anregen. So bildet sich nach und nach eine stabile Verbindung zwischen diesen Nervenzellen: Sie behalten das Gelernte im Gedächtnis.
Das Zauberwort heißt also Wiederholung - und zwar zur richtigen Zeit. Vielleicht kennst Du es aus eigener Erfahrung oder von Deinen Kindern: Da hat man drei Stunden lang Vokabeln gelernt - und beim Test doch versagt. Kein Wunder. Egal, ob man zehn Minuten oder drei Stunden am Stück lernt, das Gehirn hakt das als einmaliges Lernen ab. Erst wenn man wiederholt, wird der Stoff als wichtig erkannt - daher sind 10 Minuten an 4 Tagen auch sinnvoller als 40 Minuten an einem Tag.
Beginne den Lernprozess richtig
Wie geht man aber vor, wenn man etwas auswendig lernen will oder muss? Zunächst befasse Dich mit dem Text. Das kannst Du an dem Tag tun, bevor Du anfängst zu lernen, oder aber eine Stunde vorher. Lese den Text zweimal langsam durch, damit Du Dich mit ihm vertraut machen kannst. Danach klappe ihn zu und versuche, Dich an die wichtigsten Stichpunkte zu erinnern. So legst Du die Grundlage für erfolgreiches Lernen. Denn das Gehirn wird sich lieber mit einem Text befassen, wenn er schon vertraut ist. Du hast dann mehr Lust, ihn zu lernen. Danach folgst Du den folgenden 4 Schritten, um das Gelernte zu behalten:
1. Lerne in Stücken!
Lerne zunächst den ersten Satz oder Abschnitt einer Passage auswendig. Dann wende Dich dem zweiten Satz/ Abschnitt zu und präge diesen ein. Wiederhole jetzt Abschnitt eins und zwei am Stück. Dann präge Dir den dritten und vierten Abschnitt ebenso ein. Danach wiederhole den gesamten Text. Erweitere dann den zu lernenden Text. Auf diese Weise kannst Du Dir auch lange Texte merken.
2. Lass es langsam angehen!
Wenn Du zum ersten Mal etwas auswendig lernst, ist Deine Merk-Kapazität begrenzt. Du solltest Dir nicht mehr als 20 Minuten Auswendiglernen pro Tag zumuten. Dann beende Deine Übung - und mache am nächsten Tag weiter.
3. Mach Pausen!
5 von den 20 Minuten, die Du am Tag für das Auswendiglernen verwenden solltest, musst Du in eine Lernpause investieren. Du solltest Deine Lerneinheit so aufbauen, dass Du Dich 10 Minuten dem Text widmest. Dann - und das ist ganz wichtig - mache 5 Minuten lang Pause. In dieser Zeit erledigest Du etwas ganz anderes. Koche einen Kaffee, schaue nach der Post - Hauptsache, Du beschäftigst Dich nicht mit dem, was Du gerade noch gelernt hast.
Nach dieser Pause beschäftige Dich wieder mit dem Text: Wiederhole ihn im Kopf. Ich wette , dass Du einen Teil wieder vergessen haben wirst. Dann schaue für diese Stelle auf Deine Notizen oder in Dein Buch. Dennoch ist solch eine auswendige Wiederholung sehr wichtig. Denn wenn Du etwas auf diese Weise einmal wiederholst, merkst Du es Dir genauso gut, als wenn Du den Text 3- bis 4-mal liest.
4. Wiederhole Deine Lerneinheiten!
Wichtig dabei ist der richtige Abstand der Wiederholungen. Wenn möglich, setze die erste Wiederholung genau 8 Stunden nach dem Lernvorgang an. Das bedeutet, am nächsten Morgen, wenn Du gelernt hast, bevor Du ins Bett gegangen bist. Oder am Abend, wenn Du Dich gegen Mittag mit dem Text befasst hast. Die zweite Wiederholung erfolgt genau nach einem Tag, die dritte genau zwei Tage nach der zweiten Wiederholung. Du wirst merken, dass Dein Text sich nun schon so gut in Deinem Gehirn verfestigt hat, dass Du ihn ohne Vorlage wiederholen kannst. "Schuld" daran sind die Lernpausen, die Du machst. In diesen befasst sich Dein Unterbewusstsein nämlich weiterhin mit dem Text, es verknüpft neue Informationen mit schon vorhandenen und stellt weitere Nervenverbindungen her. Diese tragen dazu bei, dass sich das Gelernte in Deinem Gehirn verfestigt.
Speziell für das Auswendiglernen von Chorliedern:
Liedtext und Choreographie verknüpfen
Stell dir vor, wo und wie du bei diesem Lied stehst. Übe den Text stehend und mach die Bewegungen an den richtigen Stellen mit.
Liedtext und Emotion
Welches Gefühl vermittelt das Lied? Welche Stellen gefallen mit besonders?
Spreche oder singe Deinen Text in verschiedenen Gefühlszuständen: fröhlich, begeistert, traurig, wütend. Übertreibe! An welchen Stellen passt welche Emotion? Um mal richtig loszulegen, empfiehlt sich die Dusche.
Text automatisieren
Probe Deinen Text, während Du gleichzeitig Streichhölzer zählst, bügelst, Auto fährst, Kaffee kochst, mit dem Hund Gassi gehst ...
(nach VNR.de - Mentaltraining, überarbeitet und ergänzt: H.H. / E.K.)